24. Türchen

Ein I-A auf die Heilige Nacht

„I-A“, sagte ich und dachte mir den Rest. Wie die Menschen wieder rennen vor unserer Tür. Schnell erledigen sie ihre Dinge und müssen schon wieder weiter. Stets von einem zum anderen – ohne Rast und Ruh. Mein Ding wäre das ja nicht. Ich mag es auch mal gemütlich. Ich lass mir nicht gerne sagen, wann ich wohin zu gehen habe. Das entscheide ich doch lieber selbst. Und im Zweifelsfall bleibe ich einfach störrisch stehen. Mir gefällt das eigentlich ganz gut. Gerade heute bin ich sogar froh darum, einfach nur hier im Stall zu stehen. Denn es ist ein besonderer Tag. Wenn auf dieser Welt jemand kommt oder geht, dann sind das heilige Momente – Momente, in denen die Zeit kurz einmal stehen bleibt. So auch heute. Eine schwangere Frau ist in den Stall gekommen. Ihr Mann streicht ihr den Rücken. Sie wirken erschöpft und etwas unruhig. Aber zugleich strahlen sie sich auch immer wieder an. Da ist so eine heilige Seelenfreude bei ihnen. Das habe ich gesehen und bin richtig gespannt, was diese Nacht noch bringt. Doch die allermeisten können all das gar nicht sehen. So schnell sind sie wieder davon. Auch mein Hausherr huschte nur kurz in den Stall, brachte eine Decke und war schon wieder weg. Ach, wenn er sich doch einmal Zeit nehmen würde zum Schauen und Staunen. Ich jedenfalls bin froh ein Esel zu sein. Ich werde da sein in dieser Nacht und hinschauen. Manchmal denke ich, die Menschen sollten mal bei mir in die Schule gehen. Sie können und machen ja so vieles ziemlich gut. Doch eines könnten sie wohl von mir lernen: Einmal mit dem Schaffen aufzuhören, innezuhalten und einfach nur zu schauen. Diese Nacht ist eine Einladung dazu. Also, „I-A“ auf die Heilige Nacht.

Ein Beitrag von Pfr. Daniel Schröder, Pfarrer der Zionsgemeinde Steeden und der St. Johannes-Gemeinde Limburg

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